Bogen - eine Nomadenwaffe

Bogen - eine Nomadenwaffe
Die Nomadenvölker der eurasischen Steppe waren allen europäischen Kriegern ein Dorn im Auge, seit sie das Pferd domestiziert hatten und mit dem Bogen zu kämpfen gelernt hatten. Schon die alten Skythen, Sarmaten usw. kannten die Herstellungs- und Kampftechnik dieser effektiven Waffe. Wir werden uns nun mit anderen Bogenschützen beschäftigen, die die Geschichte der westlichen Welt beeinflusst haben - den Awaren.

Die Awaren

Wie alle Nomadenvölker wanderten auch die Awaren aus den weiten eurasischen Steppen nach Westen, wo sie von anderen Horden verdrängt wurden. Die Awaren, auf Chinesisch Juan-juan genannt, schufen im späten 4. Jahrhundert n. Chr. ein mächtiges Reich, das Kaganat.

Auf ihren räuberischen Streifzügen nach Europa gerieten mit den Bulgaren und Slawen in Streit. Mit ihnen zusammen wurden sie jedoch zu einer ernsthaften Bedrohung für Byzanz und waren später unangenehme Nachbarn des Frankenreichs. Die Awaren pflegten sehr enge Beziehungen zu den Slawen in Mitteleuropa: im Sommer nutzten sie die slawische Infanterie, im Winter fanden sie in slawischen Hütten Zuflucht und nahmen ihre Frauen mit ins Bett.

Awarische Steigbügel

Die Awaren brachten die Steigbügel nach Europa, es war aber nicht rein awarische Erfindung. Die metallenen Steigbügel boten den Beinen des Reiters Halt und ermöglichten dem Reiter eine bessere Kontrolle. Mit Steigbügeln war es auch leichter, mit Schwertern oder Speeren im Sattel zu kämpfen.

Die Awaren waren geborene Krieger, bekannt für ihre enge Beziehung zu ihren Pferden, die sie von klein auf zu reiten lernten. Sie verfügten über eine beeindruckende schwere Kavallerie, aber die leichte Kavallerie, bewaffnet mit Kompositbögen, spielte die wichtigste Rolle auf dem Schlachtfeld.

Hunnenbogen

In der Schlacht griff ihre Kavallerie in einer langen Linie an, hinter der sich starke Reserven verbargen, die bereit waren, den Feind an den Flanken anzugreifen oder einen kräftigen Frontalangriff zu führen. Wie bei den Nomaden üblich, verwendeten die Awaren gerne der Taktik der Täuschung und der Flankierung. Auf ihren schnellen Pferden unternahmen sie gewaltige Überfälle und überschütteten ihre Feinde mit einem Hagel von Pfeilen.

Angriff von links!

Die schnellen Angriffe der reitenden Bogenschützen hatten jedoch eine große Schwäche: Die Reiter mussten den Feind möglichst auf ihrer linken Seite haben. Wenn man davon ausgeht, dass die meisten Reiter - nicht nur die Awaren - Rechtshänder waren, hielten sie den Bogen in der linken Hand und spannten die Sehne mit der rechten Hand. So konnten sie nur nach vorne, nach links und sogar hinter sich schießen („Parther Schuss“), aber niemals nach rechts.

Die einzige Lösung war, spezielle Truppen aus linkshändigen Bogenschützen zu bilden. Es gab auch Krieger, die das Bogenschießen mit beiden Händen beherrschten.

Ungarn

Zwei Jahrhunderte, nachdem die Awaren verschwunden waren, sahen sich die Osteuropäer einem anderen Eindringling aus dem Osten gegenüber - den Ungarn. Die „Urheimat“ der Magyaren (Magyar öshaza) liegt irgendwo in der sibirischen Taiga, von wo aus sie einst nach Westen wanderten. Truppen dieser kriegerischen Nomaden trugen zum Untergang des Großmährischen Reiches bei. Die Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955 beendete endgültig die Raubüberfälle der Magyaren. Sie siedelten sich schließlich an und nahmen den christlichen Glauben an (um 1000).

Migration der Ungarn (Edgar Pachtas Archiv)

Unberechenbare Gegner

Bereits im finsteren Mittelalter beherrschten die Vorfahren der Ungarn zwei für ihre spätere Expansion notwendige Fähigkeiten: die Eisenverarbeitung und das Reiten. Ihre Armee bestand ausschließlich aus leichten berittenen Bogenschützen, die ihren östlichen Gegnern erfolgreich gegenüberstanden; sie hatten jedoch Schwierigkeiten mit der schwer gepanzerten westlichen Kavallerie oder mit den Infanterieformationen.

Historischen Berichten zufolge zogen es die Ungarn vor, auf Distanz zu kämpfen, versteckt und aus dem Hinterhalt heraus anzugreifen, die Feinde in eine Falle zu locken und vernichten.

Der ungarische Reiterbogen

Der Bogen, der für den Kampf vom Pferd aus konzipiert wurde, war natürlich kürzer als z. B. der Longbow der Infanterie. Der ungarische Bogen war mit aufgelegter Bogensehne weniger als 130 cm lang. Es handelte sich meist um einen Kompositbogen des reflexiven Typs. Reflex-Bogen hat zurückgebogene Form der Wurfarme. Im entspannten Zustand sind die Arme leicht „zurückgebogen“ (reflex).

Ein solcher Bogen bestand aus fünf Materialien: Weichholz, Leim aus Fischblasen (halenyv), Sehnen, Horn und Knochen. Seine Herstellung war äußerst komplex und dauerte Monate oder Jahre. Er war daher eine sehr teurere und seltene Waffe, die nur schwer zu ersetzen war.

Bögen dieser Art hatten eine große Reichweite und Durchschlagskraft. Bei einem Schuss im Winkel konnten die Bogenpfeile eine Entfernung von etwa 200 m erreichen, aber die übliche Reichweite war 70-80 m, was völlig ausreichend war. Jeder ungarische Bogenschütze hatte einen Vorrat von 15-20 Pfeilen in seinem Köcher.

Nomaden-Reiterbogen

Anstelle eines Handschutzes ein Daumenschutzring

Dank der Verwendung von Horn wölbte sich der Bogen beim Schuss nicht zu weit nach vorne, so dass der Schütze nicht in Gefahr war, sich an der Sehne zu verletzen. Ungarische Bogenschützen brauchten also keinen Arm- und Handgelenkschutz. Außerdem zogen die Ungarn und andere Nomaden die Bogensehne nicht wie die Europäer mit Zeige- und Mittelfinger (mit dem Pfeil in der Mitte), sondern legten den Pfeil auf die Innenseite des Bogens und zogen die Bogensehne nur mit dem Daumen, geschützt durch einen Daumenschutzring.

Die alten ungarischen Kriegstaktiken unterschieden sich im Grunde nicht von denen der Awaren. Im Laufe des Mittelalters wurden die Ungarn jedoch mehr und mehr „europäisiert“, die Bedeutung der Bogenschützen nahm ab, und die Hauptrolle auf dem Schlachtfeld wurde von der ritterlichen Kavallerie übernommen. Die Abkehr von den Steppentraditionen forderte im 13. Jahrhundert einen hohen Preis für die Ungarn, als sie sich den Angriffen der Mongolen stellen mussten.

Die Armee von Dschingis Khan

Die Mongolen waren ein Nomadenvolk, das eng mit den türkischen Stämmen verwandt war. Ursprünglich bildeten sie eine Art Stammesgemeinschaft, die sich darauf konzentrierte, sich gegen Angriffe ihrer Nachbarn zu verteidigen. Als typische Nomaden lebten sie in Jurten, horteten keine Vorräte und entwickelten kein Kunsthandwerk. Die Situation änderte sich Ende des 12. Jahrhunderts, als Temudgin, der später als Dschingis Khan bekannt wurde, zum Anführer der Mongolen wurde.

Eine unbesiegbare Armee

Eine starke und gut organisierte Armee, die aus Männern im Alter zwischen 15 und 70 Jahren bestand, war für die Gründung des Mongolenreichs entscheidend.

Dschingis Khan ersetzte den Stammesgedanken durch die Idee einer einheitlichen Nation und eines einheitlichen Staates. Die Armee war auf einer dezimalen Basis organisiert - beginnend mit einem Arban von 10 Mann bis hin zu einem Tumen, der aus tausend Arban (10.000 Mann) bestand.Zwei bis fünf Tumen bildeten ein Armeekorps, das als Horde bezeichnet wurde.

Reiten seit Kindheit (Quelle: KVH KP)

Der Bogen als Hauptwaffe der Mongolen

Die mongolische Armee bestand fast ausschließlich aus Kavallerie, wobei das Verhältnis von schwerer zu leichter Kavallerie 4:6 betrug. Zunächst einmal waren die Reiter mit zwei Kompositbögen bewaffnet (der eine diente zum Schießen auf kürzere Entfernungen, der andere auf längere Entfernungen), die etwas länger als üblich waren. Sie hatten eine Reichweite von etwa 300 m - mehr als üblich.

Die Pferde der Mongolen basierten auf der Rasse der Przewalski, kleinen und zähen Tieren mit kräftigen Beinen, die für ihre Ausdauer berühmt waren.

Die mongolische Armee waren in drei Korps organisiert (Mitte, rechter Flügel und linker Flügel). Die Schlacht wurde von berittenen Bogenschützen eröffnet, die in rotierenden Formationen frontal und an den Flügeln angriffen. Sie zielten nicht auf einzelne Ziele, sondern ließen Pfeile auf ausgewählte Punkte der gegnerischen Aufstellung regnen.

Der Brandpfeil

Der dezimierte und demoralisierte Feind wurde dann von schwerer Kavallerie angegriffen, die das Werk der Zerstörung vollendete.

Die Mongolen vermieden den engen Kontakt mit ihren Gegnern, da sie glaubten, dass der Atem und der Geruch von Blut die Seele des Menschen enthielten. Sie zogen es vor, ihre besiegten Feinde zu verfolgen und sie mit Pfeilen zu töten.

Lajos Kassai aus Ungarn widmet sich der Belebung der alten Traditionen ... (Quelle: Pinterest)

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