Die Wurzeln heutiger Konflikte, Teil III – Wildes Feld

Die Wurzeln heutiger Konflikte, Teil III – Wildes Feld

Die weiten Steppengebiete der Ukraine und Südrusslands zwischen den Flüssen Don, Dnjestr und der oberen Oka, die vielleicht bis zum Kaspischen Meer reichten, wurden „Wilden Felder“ oder auch „Wildes Feld“ genannt. Diese Region blieb lange Zeit unbewohnt. Die Besiedlung und Kultivierung der Region wurden durch Überfälle von Nomaden verhindert. Im 18. Jahrhundert wurde Wilde Feld vom Russischen Reich annektiert, und „Neurussland“ genannt. Doch schon seit dem 16. Jahrhundert hatten Kosaken hier ihre befestigten Siedlungen errichtet...

Wer waren die Kosaken?

Der Name „Kosak“ leitet sich vom „Kosak“ ab und bedeutet „freier Krieger“. In früheren Zeiten waren die Kosaken mehr oder weniger Nomaden slawischer Nationalität, die durch die Steppen der weiten russischen Gebiete zogen.

Historische Berichte über die Kosaken sind bis zum 16. Jahrhundert eher spärlich; sie waren unabhängige Gruppen, die in „Armeen“ organisiert waren und mit den Nachbarstaaten - hauptsächlich Moskau, Rzeczpospolita und dem Khanat der Krim - kämpften und zusammenarbeiteten.

Am unteren Dnjepr hinter den Stromschnellen („Saporoschje“ bedeutet „Land hinter den Stromschnellen“) siedelten die Saporoger Kosaken, Mit dem Zentralsitz Sitsch. Sie waren meist Infanteristen, und im Kampf verwendeten sie eine „Wagenburg“ zur Rundumverteidigung. Auf ihren Booten, die Tschaikas, organisierten sie Raubzüge an die Küste des Osmanischen Reiches. Sie kämpften selten zu Pferd.

Die saporoschanische Armee wuchs schnell: hauptsächlich dank desertierender Untertanen aus Polen und Russland, Tataren von der Krim und Abenteurern aus ganz Europa. Jeder Kandidat musste sich bekreuzigen und das Vaterunser und andere Gebete sprechen.

Seit Beginn des 17. Jahrhunderts betrachteten sich die Saporoger als Mitglieder des polnisch-litauischen Commonwealth - der Rzeczpospolita. Ihre traditionell starke Bindung an die orthodoxe Kirche brachte sie in Konflikt mit dem überwiegend katholischen Adel. Daher schlossen sie sich begeistert dem Aufstand von Bohdan Chmelnyzkyj an, der 1648 ausbrach, und erlangten eine erhebliche Autonomie.

Das so genannte „Lager“ (Edgar Pachtas Archiv)

Im Kampf und im Frieden: die komplexen Beziehungen zu den russischen Zaren

Später wurde die Autonomie der Kosaken durch die russischen Zaren bedroht, und daher schloss sich die saporoschanische Armee unter der Führung von Kost Hordijenko dem rebellischen ukrainischen Hetman Masepa an. Nach der Schlacht bei Poltawa im Jahr 1709 ließ Peter I. die Sitsch besiegen. Die Saporoger errichteten daraufhin ein neues Zentrum am unteren Dnjepr, das unter türkischem Protektorat stand.

1734 schlossen die Saporoger Kosaken Frieden mit der russischen Regierung; sie stellten die Sitsch wieder her, nahmen geflohene Untertanen aus Russland und Polen auf und weigerten sich, sich der russischen Autokratie zu unterwerfen. Das endgültige Ende von Sitsch kam im Jahr 1775, als es von der zaristischen Armee erobert wurde.

Das Saporoger Kosakenheer verfügte über eine besondere militärische und administrative Struktur; das Leben in Sitsch wurde durch besondere Bräuche und Gesetze geregelt. Zum Beispiel durfte keine Frau den Ort betreten. Der Dieb wurde mit einem Stock zu Tode geschlagen, der Mörder wurde gleichzeitig mit seinem Opfer begraben.

Im Jahr 1762 gab es in Saporoschje 33 700 Kosaken - laut Zeitgenossen waren die Kosaken sehr wild und nicht leicht zu kontrollieren.

Entwicklungen auf ukrainischem Gebiet seit dem 16. Jahrhundert

Seit dem 16. Jahrhundert gehörte die Ukraine zur Rzeczpospolita und war in 20 Militärbezirke unterteilt, von denen jeder im Falle eines Krieges die polnisch-litauische Armee mit einem eigenen Kontingent unterstützen sollte.

Im Jahr 1654 annektierte Russland 10 ukrainische Bezirke am linken Ufer des Dnjepr. Dieser Teil der Ukraine wurde dann als „Kleinrussland“ oder „Kleine Rus“ bezeichnet. Ende des 18. Jahrhunderts, als die Rzeczpospolita geteilt wurde, fiel der größte Teil der Ukraine an das Russische Reich. Zu diesem Zeitpunkt konnten die Kosaken jedoch nicht mehr mit den Anforderungen der modernen Kriegsführung mithalten.

Zur Zeit des Vaterländischen Krieges von 1812 wurde die zaristische Armee durch vier berittene ukrainische Kosakenregimenter verstärkt. Sie wurden 1817 in Ulanen-Regimenter umorganisiert.

Russland 1812: Ukrainische Kosaken des 2. Regiments (Edgar Pachtas Archiv)

Die Bewaffnung der Kosaken

Die Kosaken betrachteten ihre Waffen als Schatz und behandelten sie entsprechend. Auch wenn sie Feuerwaffen annahmen, gaben sie ihre traditionellen kalten Waffen nicht auf, denn diese hatten sich als effektiver erwiesen.

Der polnische Husarensäbel aus dem 17. - 18. Jahrhundert.

Der Säbel ist seit immer ein Symbol der Kosaken, denn die Kosaken haben sich immer mit dieser Waffe identifiziert und sie sogar „Schwester“ oder „Schätzchen“ genannt.

Nagaika oder kurze Kosakenpeitsche, die ursprünglich aus der Nogai-Steppe stammt. Nagaika war in erster Linie beim Pferdreiten eingesetzt, aber manchmal auch im Kampf als eine Waffe. Nach der kosakischen Tradition war es die erste Waffe, die ein Krieger erhielt.

Ein etwa 3 Meter langer Speer, eine einfach konstruierte Waffe, die sich für den Kampf zu Fuß oder zu Pferd eignet. Die Kosaken benutzten den Speer auch, um über einen Sumpf zu springen, und wussten ihn im Allgemeinen gut zu benutzen.

Die Kosaken-Axt, auch Kriegshammer genannt, wurde im Mittelalter zum Durchschlagen von Rüstungen verwendet. Einige Äxte hatten möglicherweise einen Dolch versteckt im Stiel.

Der Kosaken- Streitkolben, oder auch „Schlägel“. Eine Schlagwaffe mit kurzem Schaft und einem Schlagkopf mit 6-7 Blättern. Ein prächtiger Streitkolben diente als Zeichen von Macht und Herrschaft.

Feuerwaffen, Arkebusen, Musketen und Pistolen: Die Kosaken benutzten dieselben Schusswaffen wie andere Soldaten ihrer Zeit, die oft als Trophäen erworben wurden. Die saporoschanischen Soldaten sollen ihren Tag mit Schnaps begonnen und dabei mit ihren Waffen auf Vögel in der Nähe geschossen haben.

Der Bogen wurde lange Zeit neben Feuerwaffen verwendet. Er war genauer, schneller und fast lautlos.

Streitkolben. Eine von vielen Varianten.

Kosaken trugen keine Rüstung. Im 17. Jahrhundert trugen sie eine Art Tunika, die aus dem Orient über Ungarn und Polen in die Ukraine kam. Sie wurden aus selbstgewebtem Wollstoff in Weiß, Grau und Braun hergestellt; in damaligen Quellen finden sich auch Farbtöne wie Gelbbraun oder Grün. Festliche Tuniken wurden aus teureren, farbigeren Stoffen hergestellt.

Im Winter wurde über der Tunika ein langer Mantel oder Umhang getragen.

An den Füßen trugen die Kosaken weite östliche Hosen und Stiefel. Als Kopfbedeckung verwendeten sie eine Papacha aus Schafsfell oder noch teurerem Pelz. Die Saporoger Kosaken und Ukrainer rasierten sich den Kopf bis auf die Haare auf dem Oberkopf und trugen lange Schnurrbärte.

Ein handgeschnitztes Pulverhorn

Elite-Krieger: Die Armee der Krimtataren

Das Khanat der Krim verfügte zwar nicht über eine starke Wirtschaft, natürlichen Ressourcen oder eine hohe Bevölkerungszahl (es hatte ca. 300.000 Einwohner), dafür hatte es aber eine starke Armee.

Östlicher Reiter (SHŠ Cassanova, SK)

Mehrere Faktoren, darunter die Propaganda, verstärkten den Kampfgeist der Soldaten. Bogenschießen und Reiten waren ein wesentlicher Bestandteil ihrer Erziehung. Die Tataren ritten kleine, aber kräftige Pferde. Die Psyche der Krim-Soldaten, der Askeri, war harsch, ihr Humor schwarz, ihre Scherze blutig.

Zur Standardausrüstung gehörten ein Bogen, Pfeile und Säbel. Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden Pistolen, Karabiner und Speere immer beliebter. Einige arme Krieger trugen weder Säbel noch Bögen, sondern waren mit selbstgebastelten Speeren und Maslaks (Pferdekiefer an einen Stock) bewaffnet.

Die Elite der Armee war die Garde des Khans, bestehend aus nur 3-4 Tausend Soldaten. Der größte Teil der Armee war die Landwehr, die aus Krimtataren und Nogai-Tataren bestand. Die Nogai-Tataren konnten die Stärke der Armee auf bis zu 30 000 Mann erhöhen. Die Armee konnte auch durch Nogai und tscherkessische Truppen verstärkt werden.

Das Lager wurde in einem Gelände errichtet, das Trinkwasser und Weideland bot. Die Tataren bauten nur selten Befestigungen. Ein wichtiges Element ihrer Kriegsführung war die Demoralisierung des Feindes: Mitten in der Nacht begannen die Krieger plötzlich zu schreien, und die furchtbaren Schreie aus Tausenden von Soldaten ließen den Feind nicht schlafen.

Auf dem Schlachtfeld benutzten die Askeri den Klang von Trommeln und Formationen mit entrollten Bannern. Die Krieger kreisten wild um ihre Feinde herum, suchten nach Gegnern, kämpften mit dem Säbel und schossen mit Bögen und Pistolen.

Baschkirische Bogenschützen (KVH KP)

Militärische Operationen erforderten Geschicklichkeit, gutes Urteilsvermögen und Klugheit und stellten eine Art Glücksspiel dar, bei dem das Leben auf dem Spiel stand und der Erfolg an der Menge der gewonnenen Sklaven und Beute gemessen wurde. In den damaligen Quellen wurde das militärische Potenzial der Krimtataren allgemein gelobt, und bis zur Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert galten sie als gefährliche Rivalen.

Das Titelbild zeigt Saporoger Kosaken, dargestellt von der Gruppe Cassanova.

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